Rose Valland Institut

Maria Eichhorn im Gespräch mit Werner Gephart und Anne-Marie Bonnet

Abstract

Das Rose Valland Institut ist ein interdisziplinär ausgerichtetes und unabhängiges künstlerisches Projekt, das erstmals auf der documenta 14 in Kassel in Erscheinung getreten ist. Es erforscht und dokumentiert die Enteignung der jüdischen Bevölkerung Europas und deren Nachwirkungen bis in die Gegenwart und möchte zur Aufklärung über enteignete Güter beitragen, jenseits von Verjährungsfristen. Benannt wurde das Institut nach der Kunsthistorikerin Rose Valland, die während der deutschen Besatzungszeit in Paris die Raubzüge heimlich aufzeichnete. Nach dem Krieg arbeitete sie für die Commission de Récupération Artistique (Ausschuss für die Rückführung von Kunst) und trug maßgeblich dazu bei, NS-Raubkunst zu restituieren.

Ausgehend von Maria Eichhorns vorherigen Ausstellungsprojekten Restitutionspolitik / Politics of Restitution (2003) und In den Zelten ... (2015) widmet sich das Rose Valland Institut dem Themenbereich ungeklärter Eigentums- und Besitzverhältnisse von 1933 bis heute. Das nunmehr vorgestellte Institut thematisiert als Kunstwerk Fragen zu Eigentum an Kunstobjekten, Grundstücken, Immobilien, Vermögenswerten, Unternehmen, Alltagsgegenständen und Artefakten, Bibliotheken, wissenschaftlichen Arbeiten und Patenten, die in der NS-Zeit jüdischen Eigentümer*innen in Deutschland und in den besetzten Ländern entwendet und bis heute nicht zurückgegeben wurden.

Am Käte Hamburger Kolleg „Recht als Kultur“ setzt Maria Eichhorn ihre künstlerische Arbeit am Rose Valland Institut fort. Es wirft grundsätzliche Fragen einer Restitutionspraxis und Restitutionsgerechtigkeit auf und berührt damit eine zentrale Dimension des Käte Hamburger Kollegs „Recht als Kultur“.

Curriculum Vitae

Maria Eichhorn, geboren 1962 in Bamberg, ist eine international renommierte zeitgenössische deutsche Künstlerin. Ihr künstlerisches Werk hat ein ganz eigenes Signet: Sie greift abstrakte Themen wie „Eigentum“, „Kapital“, „Aktiengesellschaft“ oder „Restitution“ auf, also in starkem Maße juristisch geprägte Kategorien, um ihnen sodann eine künstlerische, vielfach appelative Gestalt zu verleihen. Besonders sichtbar wird dies in ihren Projekten „Maria Eichhorn Aktiengesellschaft“ und „Rose Valland Institut“, die 2002 beziehungsweise 2017 auf der Documenta in Kassel zu sehen waren. Das „Rose Valland Institut“, welches die Enteignung der jüdischen Bevölkerung Europas und deren Nachwirkungen bis in die Gegenwart thematisiert, ist Teil ihrer Forschungsarbeit am Käte Hamburger Kolleg „Recht als Kultur“, an welchem sie seit Oktober 2018 als Artist in Residence das Georg-Simmel-Künstlerstipendium inne hat.

Maria Eichhorn studierte von 1984 bis 1990 an der Hochschule der Künste in Berlin bei Karl Horst Hödicke. 1986 fanden erste Ausstellungen statt. 1999 war Maria Eichhorn Gastprofessorin am California Institute of the Arts in Valencia. Seit 2003 ist sie Dozentin an der Hochschule der Künste in Zürich. Neben ihren bekannten Arbeiten auf der Documenta in Kassel und Athen (2017) wurden ihre Werke jüngst in der Chisenhale Gallery in London (2016), im Haus der Kulturen in Berlin (2015), auf der Biennale in Venedig (2015) in der Morris and Helen Belkin Art Gallery in Vancouver (2015) und im Kunsthaus Bregenz (2014) gezeigt. 2018/2019 werden im Migros Museum in Zürich unter dem Titel Zwölf Arbeiten / Twelve Works (1988–2018) Werke aus den letzten 30 Jahren gezeigt.

Für ihr künstlerisches Schaffen wurde Maria Eichhorn 1992 mit dem George Maciunas Preis, 2002 mit dem Arnold Bode Preis der Stadt Kassel sowie 2018 mit dem Paolo Bozzi Prize for Ontology der Universität Turin ausgezeichnet.