Prof. Dr. Thomas Dreier

Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

Curriculum Vitae

Thomas Dreier studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten Bonn und Genf und absolvierte 1982 das erste juristische Staatsexamen, bevor er 1983 einen Master of Comparative Jurisprudence der New York University School of Law und 1986 das zweite juristische Staatsexamen in München absolvierte. Von 1987 bis 1999 war er wissenschaftlicher Referent  am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Patent-, Urheber- und Wettbewerbsrecht in München. 1990 wurde er an der Ludwig-Maximilians-Universität München zum Dr. iur. promoviert, wo er zudem ein Studium der Kunstgeschichte (u.a. bei Hans Belting) aufnahm. Von 1992 bis 1999 lehrte Thomas Dreier an der Münchner Fachakademie für Fotodesign und war 1997 und 1998 Professeur invité an der Université Toulouse I. Mit der Arbeit „Kompensation und Prävention. Rechtsfolgen unerlaubter Handlungen im Bürgerlichen, Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht“ habilitierte er sich 2000 an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Seit dem Wintersemester 1999/2000 ist er Professor für Bürgerliches Recht und Rechtsfragen in der Informationsgesellschaft an der Universität Karlsruhe (heute: Karlsruher Institut für Technologie, KIT) und seit 2001 zugleich qualifizierter Honorarprofessor und Mitglied der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg. Außerdem hatte Professor Dreier Gastprofessuren an der New York University of Law, an der Universität Haifa sowie an der National University of Singapore inne und ist unter anderem Vizepräsident der Association littéraire et artistique internationale (ALAI) sowie Mitglied des Beirats des Instituts für Kunst und Recht (IFKUR) und der Informationsplattform iRights.org. Von Oktober 2014 bis September 2015 war Thomas Dreier Fellow am Käte Hamburger Kolleg „Recht als Kultur“ und ist seit Oktober 2015 Senior Fellow des Kollegs.

Forschungsprojekt

Regulierung des Blicks – Normative Bilderregeln und Visual Images

Zu den Wechselwirkungen von Recht und den Künsten zählt auch diejenige der Wirkungsweisen von Bildern und den Versuchen, diese mit den Mitteln des Rechts zu regulieren. Dahinter steht zum einen das ambivalente Bewusstsein, dass Bilder nichts sind und doch vieles vermögen, wie es vom mosaischen Bilderverbot bis hin zur heutigen zwangsweisen Vorführung von Krebsbildern auf Zigarettenschachteln zum Ausdruck kommt. Zum anderen geht es um die Rivalität von Bild und Sprache mit ihren wechselseitigen Verschränkungen in Form des Lesens von Bildern und der Visualisierung von Texten.

Die in den letzten Jahrzehnten ausdifferenzierte Bildtheorie weist insoweit jedoch eine erstaunliche Leerstelle auf. Zwar findet sich inzwischen eine ganze Reihe von Studien benachbarter Disziplinen (Soziologie; Geschichte, Neurowissenschaften u.a.). Eine Untersuchung über die normative, also die rechtliche Regulierung der Erzeugung, des Vertriebs und des Gebrauchs von Bildern im gesellschaftlichen Kontext fehlt bislang. Eine spiegelbildliche Leerstelle findet sich zugleich in der rechtswissenschaftlichen Literatur. Von wenigen Ausnahmen abgesehen hält diese zwar wissenschaftlich wenig anspruchsvolle Zusammenstellungen der für bildende Künstler und insbesondere Fotografen bedeutsamen Rechtsvorschriften bereit, hat sich im Übrigen bislang jedoch nicht wirklich systematisch mit den bildtheoretischen Voraussetzungen der rechtlichen Regulierung des praktischen Bildgebrauchs auseinandergesetzt. Diese Lücke bzw. Lücken in Bildwissenschaft und Recht im Wege einer interdisziplinären Methodik zu schließen und zugleich der untergründigen Beziehung von Bild und Text nachzugehen ist Gegenstand des vom Käte-Hamburger-Kolleg geförderten Projekts.

In Bezug auf analoge Bilder haben Gesetzgebung und Rechtsprechung unter den verschiedensten Blickwinkeln ein umfangreiches Normensystem ausdifferenziert (Beweis, Urheberrecht, Persönlichkeitsschutz, Überwachung), das als historisch gewachsener Corpus verstanden werden kann. Angesichts der Technologieneutralität der meisten rechtlichen Normen werden diese weitgehend unterschiedslos auf digitale Bilder angewandt. Das wirft die Frage auf, inwieweit das Recht damit den tiefgreifenden Verwerfungen gerecht wird, die Digitalisierung und Vernetzung für die Erzeugung, die Verbreitung und den Konsum von Bildern insbesondere in der bildergesättigten westlichen Welt mit sich bringen. Denn die abnehmende Indexikalität der Bilder, die von den Betrachtern nach wie vor als Abbildungen verstanden werden, nähert diese zunehmend den technischen Bildern an, die nicht mehr Abbildungen, sondern Visualisierungen von Daten sind und deren Erzeugung wie Lesbarkeit das Vorhandensein außerbildlicher Modellbilder voraussetzt.

 

Publikationen (Auswahl)

  • Urheberrecht. Kommentar (zus. mit Gernot Schulze), 4. Aufl., München: C.H.Beck-Verlag 2013.
  • Plagiate. Wissenschaftsethik und Recht (Hrsg. zus. mit Ansgar Ohly), Tübingen: Mohr Siebeck 2013.
  • Original und Kopie im rechtlichen Bildregime, in: Ariane Mensger (Hrsg.): Déjà-vu? – Die Kunst der Wiederholung von Dürer bis You Tube, Ausstellungskatalog, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Bielefeld: Kerber 2012.
  • Das Recht des Theaters. Das Recht der Kunst auf Reisen (Hrsg. zus. mit Matthias Weller/Nicolai Kemle/Markus Kiesel/Peter M. Lynen), Baden-Baden: Nomos-Verlag 2011.
  • Die systematische Aufnahme des Straßenbildes. Zur rechtlichen Zulässigkeit von Online-Diensten wie "Google Street View" (zus. mit Indra Spiecker gen. Döhmann), Baden-Baden: Nomos-Verlag 2010.