Prof. Dr. Sami Bostanji

Facolté de Droit et des sciences politiques de Tunis

Sami BostanjiSami BostanjiSami Bostanji

Curriculum Vitae

Sami Bostanji promovierte 2000 mit einer Arbeit auf dem Gebiet des Internationalen Privatrechts an der Université de Bourgogne. Im Jahr 2003 absolvierte er erfolgreich den Concours national d’agrégation im Privatrecht.

Bostanji ist Professor an der rechts- und politikwissenschaftlichen Fakultät der Universität Tunis; zudem unterrichtet er an der Université Panthéon-Assas (Paris II) im Rahmen des LL.M.-Studiengangs zum Wirtschaftsrecht in den arabischen Ländern. Als Gastwissenschaftler hat er in den vergangenen Jahren an weiteren rechtswissenschaftlichen Fakultäten in Frankreich gelehrt, so in Tours, Dijon und Toulouse.

Bostanji ist Mitglied der Société de législation comparée, Co-Direktor des DRIMAN-Projekts (Laboratoire de droit des relations internationales des marchés et des négociations) und Vize-Präsident der tunesischen Abteilung der Association Henri Capitant des amis de la culture juridique française. Weiterhin ist er Mitglied des Komitees für den europäisch-arabischen Dialog des Europäischen Schiedsgerichtshofs.

Bostanjis Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich des Internationalen Privatrechts, des Internationalen Handelsrechts und der Rechtsordnungen der arabischen Länder.

Prof. Dr. Sami Bostanji war von Februar bis Juli 2012 Fellow am Käte Hamburger Kolleg „Recht als Kultur“.

 

Forschungsprojekt

Die Säkularisierung der Rechtsnormen im Recht arabischer Länder

Die weit verbreitete Aufteilung in säkularisierte und nicht säkularisierte Gesellschaften erweist sich bei genauem Hinsehen als reduktionistisch. Das soziale Handeln derjenigen Akteure, die eine Emanzipation vom Religiösen anstreben, kann nämlich so nicht in seiner tatsächlichen Bedeutung eingeschätzt werden. Versteht man unter „Säkularisierung“ einen „Prozess, durch den Bereiche aus Gesellschaft und Kultur der Autorität religiöser Institutionen und Symbole entzogen werden“, zeigt sich, dass die Komplexität der gesellschaftlichen Wirklichkeit mit diesem Begriff nur unzureichend erfasst werden kann.

Diese Komplexität des Säkularisierungsphänomens wird aus einer genauen Untersuchung des positiven Rechts der arabischen Länder ersichtlich. Zweifellos wurde das muslimische Recht über Jahrhunderte in die Obhut der Religion genommen, aber das traditionelle Rechtmodell stellt sich wesentlich vielschichtiger dar, als es diese weit verbreitete Vorstellung zunächst suggeriert. Angesichts der geringen Zahl rechtlicher Vorschriften im Koran wurde nämlich der Hauptteil des Rechtskorpus de facto von Rechtsgelehrten geschaffen, die in erster Linie darauf bedacht waren, an die gesellschaftlichen Gegebenheiten angepasste rationale Lösungen zu finden.  Die folgende Sakralisierung dieser angebotenen Lösungen stellte für die Rechtsgelehrten dann ein praktisches Mittel dar, ihr Werk bei den Massen zu legitimieren und ihm die gewünschte Beständigkeit zu verleihen. Obwohl die Konstruktion des Rechtsgebildes also deutliche Züge menschlichen Einflusses trug, wurde das muslimische Recht über Jahrhunderte als ein rein religiöses dargestellt.

Diese Situation hat sich im Laufe des 19. Jahrhunderts spürbar geändert. Zu dieser Zeit kündigte sich im Grunde ein mehrfacher Wandel an, welcher eine Emanzipation des Rechts der arabischen Länder mit sich brachte. Man wohnte einem regelrechten aggiornamento bei, das die Instanzen der Rechtsschaffung veränderte und sich zugleich auf Konzipierung und Anwendung des Rechts auswirkte. Durch die Reformbewegung angetrieben, während der Kolonialphase konsolidiert und von den arabischen Ländern im Zuge ihrer Unabhängigkeit weitgehend umgesetzt, bereitete dieser Wandel der Säkularisierung des Rechts in diesen Gesellschaften den Weg. Aus diesem Blickwinkel betrachtet verlor die Religion die allumfassende Funktion, die sie in der arabisch-muslimischen Gesellschaft stets innehatte. Unter dem Einfluss westlicher Paradigmen wurde das traditionelle Rechtsmodell ernsthaft erschüttert, sowohl in seinem Fundament als auch in Form und Methodik.

Doch so real diese Säkularisierungsfortschritte auch sein mögen, als so gestört und unvollständig erweisen sie sich doch, wie der Blick auf das aktuelle positive Recht der arabischen Länder zeigt. Hier offenbaren sich nämlich Bestrebungen, den Säkularisierungsprozess in der politisch-rechtlichen Domäne zu verschleiern. Hinzu kommen kompensierende Maßnahmen, die darauf ausgerichtet sind, ein Gegengewicht zu den Säkularisierungszügen des Wandels zu schaffen, indem die verbliebenen Elemente der alten Ordnung gestärkt und vervielfacht werden. All diese Facetten machen die Besonderheit des Säkularisierungsprozesses in den arabischen Rechtsordnungen deutlich.

Das Projekt zielt darauf ab, die prägnantesten Aspekte dieses Wandels empirisch zu erfassen, seine Gründe, Ursachen und Folgen zu erkunden und zu verdeutlichen, um schließlich seine Entwicklungsmöglichkeiten angesichts der tiefgreifenden Transformationen, welche die arabischen Länder im Zuge der jüngsten Revolutionen erlebt haben, kritisch zu beurteilen.

 

Publikationen (Auswahl)

La Sharia’a est-elle l’unique source du droit dans les pays arabes? Sao Paulo, septembre 2004, in ouvrage collectif brésilien intitulé „Dialogue Amérique du Sud – Pays Arabes“, sous la direction de Heloïsa Vihena de Araujo, Brasilia, 2005, pp 81 et s.

Variations sur la notion d’étranger, Rapport introductif au colloque, „L’étranger dans tous ses états“, Colloque organisé par l’Unité de recherche droit des relations internationales à la Faculté de droit et des sciences politiques de Tunis, les 3, 4 et 5 février 2005, in Ouvrage collectif sous la direction de F.Horchani et S.Bostanji, 2006, pp 5 et s.

L’incidence de la Constitution sur les nouvelles solutions de conflits de lois (Etude de droit international privé de la famille), in Mouvements du droit contemporain, Mélanges offerts à Sassi BEN HALIMA, CPU, 2005, pp 281 et s.

Confrontation des sources du droit privé: le Code des obligations et des contrats à l’épreuve des législations spéciales, in Ouvrage du Centenaire du Code tunisien des obligations et des contrats, CPU, 2006, pp 535 et s.

Turbulences dans l’application judiciaire du Code tunisien du statut personnel: le conflit de référentiels dans l’œuvre prétorienne, Revue Internationale de Droit Comparé, I, 2009.   

Les survivances du communautarisme dans l’application judiciaire du droit international privé tunisien, Revue critique de droit international privé, 2009, n°2, pp 251 et s.

La guerre de l’article premier n’aura pas lieu (Réflexions à propos de la notion d’Etat civil), Octobre 2011, in: www.observatoiretunisien.org.