Prof. Dr. Christoph Schönberger

Universität Köln

Kontakt

Käte Hamburger Kolleg „Recht als Kultur“
Internationales Kolleg für Geisteswissenschaftliche Forschung
Center for Advanced Study in the Humanities “Law as Culture”
Konrad-Zuse-Platz 1-3
53227 Bonn

Telefon: (+49) 228 / 73 540 11
Telefax: (+49) 228 / 73 540 54
 

Curriculum Vitae

Prof. Dr. Christoph Schönberger studierte von 1987 bis 1992 Rechtswissenschaft und Philosophie an den Universitäten Bonn und Paris. Von 1993 bis 1999 war er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Humboldt-Universität zu Berlin tätig, wo er 1996 mit einer Studie zur Parlamentarismustheorie in der Staatsrechtslehre des deutschen Kaiserreichs promoviert wurde. Anschließend war er zunächst als Rechtsanwalt in einer überörtlichen Sozietät tätig, danach als Wissenschaftlicher Assistent an der Universität Freiburg im Breisgau. 2005 wurde er dort mit einer Arbeit über die Bürgerschaft der Europäischen Union habilitiert. Es folgten Lehrstuhlvertretungen in Frankfurt a.M. und Konstanz. Von 2006 bis 2020 war er Professor für Öffentliches Recht an der Universität Konstanz. Er hat verschiedentlich Gastprofessuren an der Benjamin L. Cardozo School of Law, New York (N.Y.), den Universitäten Paris I (Panthéon-Sorbonne) und Paris II (Panthéon-Assas) sowie der Koç University in Istanbul wahrgenommen. Seit 2020 ist Christoph Schönberger Professor für Staatsrecht, Staatsphilosophie und Recht der Politik sowie Direktor des Seminars für Staatsphilosophie und Rechtspolitik an der Universität zu Köln.

Seine Forschungsschwerpunkte sind Staats- und Europarecht, Staatstheorie, Verfassungsvergleichung und Verfassungsgeschichte.

Von Oktober 2021 bis März 2022 war Professor Schönberger Fellow am Käte Hamburger Kolleg „Recht als Kultur“ in Bonn.

Forschungsprojekt

„Die Verfassung der Dinge“

Das Projekt geht der Frage nach, welche Bedeutung die Faktoren Materialität und Performanz und die daraus resultierenden emotionalen Wirkungen für das Verfassungssystem und die ihm zugrundeliegende Gemeinschaftsbildung haben. Im Zentrum der Forschung steht dabei die Beobachtung, dass – anders als gerade rechtswissenschaftliche Arbeiten häufig suggerieren – das politische Ordnungssystem nicht allein durch die positiven Normen des Verfassungsrechts geprägt wird, sondern auch durch dessen gegenständliche und performativen Bedingungen, die jenseits dieser Normen und doch zugleich auf vielfältige Weise mit ihnen verknüpft die Praxis der Verfassung gestalten.
Diese Perspektive soll entfaltet werden anhand eines konkreten historischen Beispiels, an dem sich gleich in mehrfacher Hinsicht sowohl die an Objekten festzumachenden Identitätskonstruktionen einer Gemeinschaft als auch ihre Weiterverarbeitung durch das Recht zeigen lassen: der Schädel des tansanischen Chiefs Mkwawa. Im Versailler Vertrag von 1919 verpflichtete sich Deutschland, diesen Totenkopf aus seiner ehemaligen Kolonie an die neue Kolonialmacht Großbritannien herauszugeben, obwohl zu diesem Zeitpunkt nicht einmal gesichert war, dass dieser sich überhaupt in deutschem Besitz befand. Sowohl unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg als auch noch einmal in den fünfziger Jahren bemühte sich die britische Regierung, den Originalschädel, der freilich von anderen Knochenfragmenten kaum zu unterscheiden war, von den deutschen Behörden zurückzubekommen. Hintergrund war die Vorstellung der britischen Seite, den Totenkopf aufgrund dessen vermeintlicher Bedeutung für die lokale Bevölkerung in der nun eigenen Kolonie im heutigen Tansania als Objekt zur Sicherung der eigenen Machtstellung instrumentalisieren zu können. Paradoxerweise kam dem Schädel diese besondere identitätsstiftende Bedeutung aber bei der lokalen Gemeinschaft überhaupt nicht zu. Der ganze Vorgang erweist sich insofern als Paradebeispiel für tatsächliche und vermeintliche Selbst- und Fremdzuschreibungen von Gemeinschaften anhand von Objekten, aufgeladen durch die besondere koloniale Konstellation, in der die kolonialen Machthaber durch die Verfügung über das ursprünglich lokale Objekt sogar von außen die Identitätszuschreibungen der Kolonisierten beherrschen wollten.

Publikationen (Auswahl)

  • The German Federal Constitutional Court. The Court Without Limits (gemeinsam mit Matthias Jestaedt, Oliver Lepsius und Christoph Möllers), Oxford 2020.
  • Die Reichsbürger. Verfassungsfeinde zwischen Staatsverweigerung und Verschwörungstheorie, Frankfurt am Main 2020 (herausgegeben gemeinsam mit Sophie Schönberger), darin: Geschichten vom Reich, Geschichten vom Recht. Der Fortbestand des Deutschen Reiches als rechtliche Imagination, S. 37-70.
  • Vom Verschwinden der Anwesenheit in der Demokratie. Präsenz als bedrohtes Fundament von Wahlrecht, Parteienrecht und Parlamentsrecht, in: JZ 71 (2016), S. 486-494.
  • Das Parlament. Geschichte einer europäischen Erfindung, in: Martin Morlok/Utz Schliesky/Dieter Wiefelspütz (Hrsg.), Parlamentsrecht. Handbuch, Baden-Baden 2016, § 1, S. 3-46.
  • Der „German Approach“. Die deutsche Staatsrechtslehre im Wissenschaftsvergleich. Mit Beiträgen v. Atsushi Takada u. András Jakab, Tübingen 2015.
  • Das entgrenzte Gericht. Eine kritische Bilanz nach sechzig Jahren Bundesverfassungsgericht (gemeinsam mit Matthias Jestaedt, Oliver Lepsius und Christoph Möllers), Berlin 2011.
  • Gibt es im Grundgesetz ein Erbe der Monarchie? Das Amt des Bundespräsidenten zwischen Kontinuität und Diskontinuität, in: Thomas Biskup, Martin Kohlrausch (Hrsg.), Das Erbe der Monarchie. Nachwirkungen einer deutschen Institution seit 1918, Frankfurt/New York 2008, S. 283-309.
  • Unionsbürger. Europas föderales Bürgerrecht in vergleichender Sicht, Jus Publicum, Bd. 145, Tübingen 2005.
  • Die Europäische Union als Bund. Zugleich ein Beitrag zur Verabschiedung des Staatenbund–Bundesstaat-Schemas, in: AöR 129 (2004), S. 81-120.
  • Das Parlament im Anstaltsstaat. Zur Theorie parlamentarischer Repräsentation in der Staatsrechtslehre des Kaiserreichs (1871 – 1918), Ius Commune, Sonderheft 102, Frankfurt a. M. 1997.