Inge Kroppenberg (Göttingen/Bonn): Die Kunst des Verfahrens. Logik und Ästhetik der Entwicklung im Recht der Moderne

Abstract

Ausgangspunkt des Projekts ist die These von der strukturellen Verwandtschaft des Gerichtsverfahrens der europäisch gemeinrechtlichen Tradition mit dem modernen Entwicklungsnarrativ, wie es seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert in verschiedensten Bereichen stilbildend und als Historismus, etwa in den Geschichtswissenschaften, zur beherrschenden Denkform einer ganzen Epoche wurde. Eine erzähltheoretische Analyse des juristischen Entwicklungsdenkens, wie es von der Rechtswissenschaft seit Beginn des 19. Jahrhunderts propagiert wurde, soll nicht nur die ästhetisch-funktionalen Beziehungen zwischen Narrativ und Rechtsverfahren und damit die juridischen Fundamente der »Erzählgrammatik der Moderne« (Albrecht Koschorke) ausleuchten. Das Projekt möchte auch Erklärungen dafür liefern, weshalb sich die Rechtswissenschaft, nicht nur in Deutschland, noch heute viel eher mit neohistoristischen Denkschulen zu befreunden vermag, als sich Sinnangeboten aus den Kultur- und Sozialwissenschaften zu öffnen. Erarbeitet werden sollen die Grundlagen einer Rechtsästhetik, die juristisches Entwicklungsdenken narratologisch, verfahrenstheoretisch, wissenschafts- und ideengeschichtlich untersucht und seine Monopolstellung im Rechtsdiskurs der Moderne kritisiert.

Prof. Dr. Inge Kroppenberg

 

Curriculum Vitae

Inge Kroppenberg studierte Rechtswissenschaften in Mainz. 2000 wurde sie dort promoviert, 2005 habilitierte sie sich. 2006 und 2007 führten sie Lehrstuhlvertretungen nach Leipzig und Frankfurt am Main. Ab 2007 war sie Inhaberin des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Römische Rechtsgeschichte und Privatrechtsgeschichte der Neuzeit an der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Regensburg. Seit 2013 hat Inge Kroppenberg den Lehrstuhl für Römisches Recht, Bürgerliches Recht und Neuere Privatrechtsgeschichte an der Juristischen Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen inne und leitet dort die Abteilung für Römisches und Gemeines Recht am Institut für Rechtsgeschichte, Rechtsphilosophie und Rechtsvergleichung. Ihre Forschungsschwerpunkte sind das Erb- und Familienrecht sowie die Kulturgeschichte des Rechts. Seit Oktober 2014 ist Prof. Kroppenberg Fellow am Käte Hamburger Kolleg „Recht als Kultur“.