Gerhard Dilcher - Historische Sozialwissenschaft als Mittel zur Bewältigung der Moderne - Max Weber und Otto von Gierke im Vergleich

Abstract

Otto von Gierke (1841-1921) und Max Weber (1864-1920) gehören zwar verschiedenen Generationen an, sind aber durch viele ähnliche Prägungen geformt und durch die rechtshistorische Promotion und Habilitation Webers in Berlin verbunden. Beide betreiben ihre Wissenschaft als historische Sozialwissenschaft und entwerfen aus dieser Perspektive eine eher düstere Prognose für die Zukunft der Moderne. Unter diesem Zeichen äußern sich beide auch publizistisch und engagieren sich politisch im und nach dem Weltkrieg in verschiedenen politischen Lagern.

Der Vortrag möchte zeigen, wie sich aus der historisch entwickelten Perspektive, aus den theoretischen Ansätzen und philosophischen Grundlagen der beiden Autoren die Prognosen für die Gefährdungen der Moderne, aber auch Ansätze zu ihrer Bewältigung ergeben, die allerdings sehr verschieden ausfallen. Die dabei deutlich werdenden Unterschiede lassen die Charakteristika des jeweiligen wissenschaftlichen Werkes noch deutlicher hervortreten.

Prof. Dr. Gerhard Dilcher

Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt/Main (em.)

Curriculum Vitae

Gerhard Dilcher studierte Rechtswissenschaften in Frankfurt am Main, wo er 1960 promoviert wurde. Bevor er sich für Deutsche Rechtsgeschichte und Bürgerliches Recht habilitierte, war er Forschungsstipendiat am Deutschen Historischen Institut in Rom. Nach einer Professur an der Freien Universität Berlin folgte Professor Dilcher einem Ruf an die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main, um dort Deutsche Rechtsgeschichte, Kirchenrecht und Zivilrecht zu lehren. Er unternahm zahlreiche Vortragsreisen, unter anderem in Japan, Korea, China, Indien und Malaysia, die sich in seinen multilingualen Publikationen niederschlagen. 1986 und 1996 führten ihn Gastprofessuren an die University of Florida und seit 2002 ist Professor Dilcher Gastprofessor an der Universität Trient in Italien.

Ausgewählte Publikationen

  • Auf dem Wege zur Etablierung des Öffentlichen Rechts zwischen Mittelalter und Moderne, hrsg. mit Diego Quaglioni, Bologna/Berlin, 2011.
  • Max Weber. Zur Geschichte der Handelsgesellschaften im Mittelalter, Schriften 1889-1894 (Max Weber Gesamtausgabe. Abteilung I: Schriften und Reden, Band 1), hrsg. mit Susanne Lepsius, Tübingen, 2008.
  • Normen zwischen Oralität und Schriftkultur. Studien zum mittelalterlichen Recht und zum langobardischen Recht, hrsg. von Bernd Kannowski, Susanne Lepsius, Reiner Schulze, Köln/Weimar/Wien, 2008.
  • Von der Rechtsgeschichte zur Soziologie – Max Webers Auseinandersetzung mit der Historischen Rechtsschule, in: JZ 2007, S. 105 – 112.
  • Bürgerrecht und Stadtverfassung im europäischen Mittelalter. Köln, 1996.
  • Mittelalterliche Rechtsgewohnheit als methodisch-theoretisches Problem, in: Dilcher u. a., Gewohnheitsrecht und Rechtsgewohnheiten im Mittelalter. Berlin, 1992.
  • Die Entstehung der lombardischen Stadtkommune. Aalen, 1967.