Dr. Martin Ramstedt

Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung, Halle

Dr. Martin RamstedtCurriculum Vitae

Martin Ramstedt studierte Kulturanthropologie, Sozialpsychologie, europäische Ethnologie, Vor- und Frühgeschichte sowie Indologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München, wo er 1997 mit der Dissertation „Weltbild, Heilspragmatik und Herrschaftslegitimation im vorkolonialen Bali. Eine Analyse des höfischen Diskurses“ promoviert wurde. Von 1997 bis 2000 war er Fellow der Europäischen Wissenschaftsstiftung am International Institute for Asian Studies (IIAS) in Leiden, Niederlande, sowie Associated Fellow am Nordic Institute for Asian Studies in Kopenhagen, Dänemark. Von 2000-2001 arbeitete er weiterhin als Senior Fellow am IIAS in Leiden. Von 2001 bis 2006 forschte er dann am Meertens Institut der Königlich Niederländischen Akademie der Wissenschaften in Amsterdam.

Dr. Ramstedt lehrte Religions- und Rechtsanthropologie an verschiedenen niederländischen Universitäten, am International Institute for the Sociology of Law in Oñati, Spanien, an der School of Oriental and African Studies in London sowie an den Universitäten Münster und Halle.

Von Oktober 2006 bis Februar 2012 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter (Senior Researcher) in der Projektgruppe ‚Rechtspluralismus’ des Max-Planck-Instituts für ethnologische Forschung in Halle, die von Franz und Keebet von Benda-Beckmann geleitet wurde. Dort beschäftigte er sich schwerpunktmäßig mit dem Dezentralisierungsprozess und der gleichzeitigen Ausweitung des Rechtspluralismus durch Akkommodation von Religion und ethnischem Gewohnheitsrecht in Indonesien. Seit März 2012 ist Dr. Ramstedt wissenschaftlicher Mitarbeiter (Senior Researcher) in der neugegründeten Abteilung „Recht und Ethnologie“, die von Marie-Claire Foblets geleitet wird. Dort ist er vor allem für die Weiterentwicklung des Forschungsschwerpunktes ‚Recht und Religion’ zuständig.

Von März 2014 bis Februar 2015 war Dr. Martin Ramstedt Fellow am Käte Hamburger Kolleg „Recht als Kultur“.

Forschungsprojekt

Indigenität und Konflikt in Bali: Zur Übersetzungsproblematik internationaler Rechtsnormen

Wie lösen wir rechtliche Konflikte in einer globalisierten Welt mit ihren über- und ineinander geschobenen, vielschichtigen, zugleich globalisierten und fragmentierten Rechtsordnungen? Dafür bedarf es, mehr denn je, eines adäquaten Verständnisses für das hybride Regelwerk des pluralen Rechts in seiner Wechselwirkung mit gesellschaftlichen Prozessen und Dynamiken (Sabine Müller-Mall).

Wanderung, Transplantation und Integration von fremdstaatlichen bzw. internationalen Rechtsnormen sind für die Hybridisierung von Recht wesentliche Prozesse, die sich als kulturelle Übersetzungsproblematik verstehen lassen. Das aus dem sogenannten „cultural turn“ in den Sozialwissenschaften hervorgegangene Paradigma der kulturellen Übersetzung beleuchtet die Transposition von Vorstellungsinhalten, Werten, Denk- und Verhaltensmustern, Praktiken und Institutionen aus einem kulturellen Milieu in ein anderes. Theoretischer Ausgangspunkt dabei ist die kulturrelativistische Annahme der grundsätzlichen Unübersetzbarkeit von Kulturen. Auf Basis dieser Annahme gehen kulturelle Übersetzungsprozesse daher immer mit Verhandlungen, Sinnverschiebungen und Transformationen einher (Sally E. Merry, Richard Rottenburg). Kulturelle Übersetzung darf jedoch nicht zur bloßen Metapher verwässern. Deshalb muss sie zu einem methodisch einsetzbaren Analyseinstrumentarium entwickelt werden (Doris Bachmann-Medick). Hierzu möchte ich mit meinem Projekt beitragen.

Ich befasse mich hierbei im Besonderen mit der Übersetzungsproblematik der Rechte indigener Völker am Beispiel der balinesischen Entwicklungen vor dem Hintergrund des rezenten Dezentralisierungsprozesses in Indonesien. Meine Forschung zeigt auf, wie die kulturelle Übersetzung der Rechte indigener Völker in balinesische Referenzrahmen zu zwei verschiedenen Arten von Konflikten geführt hat. Zum einen hat sie zu einer stärkeren Pluralisierung des indonesischen Rechts beigetragen. Dies hat wiederum zu neuen interlegalen Spannungen innerhalb Indonesiens pluraler Rechtsordnung geführt. Zum anderen hat die Übersetzung semantische Verschiebungen im lokalen Selbstverständnis sowie damit zusammenhängende institutionelle Transformationen eingeleitet. Diese haben ihrerseits in der balinesischen Gesellschaft vorhandene Spannungen verstärkt.

 Publikationen (Auswahl)

  • Journal of Legal Pluralism, Special Issue: Temporalities of Law (Hg. mit Keebet von Benda-Beckmann und Melanie Wiber), London; New York: Routledge (erscheint im März 2014).
  • Religion in Disputes: Pervasiveness of Religious Normativity in Disputing Processes (Hg. mit Franz von Benda-Beckmann, Keebet von Benda-Beckmann und Bertram Turner), New York: Palgrave Macmillan 2013.
  • Asian Ethnicity 13/4, Special Issue: Law and Religio-Ethnic Identity in Post-New Order Indonesia, (Hg. mit Fadjar I. Thufail), London; New York: Routledge 2012.
  • ASIEN Nr. 123: Ethnizität und Religion als Kapital: Prozesse der Kapitalisierung von Kultur im Indonesien nach Suharto (Hg. mit Martin Slama und Christian Warta), Hamburg: German Association for Asian Studies 2012.
  • Kegalauan Identitas: Agama, Etnisitas, dan Kewarganegaraan Pada Masa Pasca-Orde Baru (Hg. mit Fadjar I. Thufail), Jakarta: Grasindo 2011.
  • Colonial Encounters between India and Indonesia, in: South Asian History and Culture 2(4), S. 522-539, 2011.
  • Decentralization and Regional Autonomy in Indonesia: Implementation and Challenges (Hg. mit Coen J.G. Holtzappel), Singapore: ISEAS 2009.
  • Hindu Bonds at Work: Spiritual and Commercial Ties between India and Bali, in: The Journal of Asian Studies 67(4), S. 1227-1250, 2008.
  • Anthropology and the Nation State: Applied Anthropology in Indonesia, in: J. van Bremen, E. Ben-Ari und S. Farid Alatas (Hrsg.): Asian Anthropology. London; New York: Routledge 2005, S. 201-223.
  • Hinduism in Modern Indonesia – A minority religion between local, national, and global interests, London et al.: RoutledgeCurzon 2004 (Taschenbuchausgabe 2006; Kindle Edition 2007).
  • Weltbild, Heilspragmatik und Herrschaftslegitimation im vorkolonialen Bali. Eine Analyse des höfischen Diskurses, Frankfurt a. M. et al.: Peter Lang, Europäischer Verlag der Wissenschaften 1998.