Prof. Dr. Judith Hahn

Ruhr Universität Bochum

Curriculum Vitae

Judith Hahn studierte katholische Theologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main sowie am Londoner Heythrop College. Anschließend nahm sie das Studium des kanonischen Rechts an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster auf; dort wurde sie auch 2008 promoviert. Sie war als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Kirchenrecht und Kirchliche Rechtsgeschichte der Theologischen Fakultät der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und am Institut für Kanonisches Recht der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster tätig. Seit 2010 hat Judith Hahn die Juniorprofessur für das Fach Kirchenrecht an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum inne. Von Oktober 2015 bis März 2016 war sie Fellow am Käte Hamburger Kolleg „Recht als Kultur“.

Forschungsprojekt

Kirchenrecht und Moderne. Kanonistische Geltungstheorie
zwischen rechtskultureller Pluralität und theonomem Universalismus

Mit der These vom „Ende des Naturrechts“ wird der Idee eines vorpositiven Normbestands als Geltungsgrund von Recht in den aktuellen Rechtsbegründungsdebatten ein prekärer Status zugewiesen. Was in säkular-pluralen Gesellschaften nicht mehr überzeugt, spielt gleichwohl in der Rechtstheorie theonomer Denksysteme eine tragende, wenn nicht mehr ungebrochene Rolle; zunehmend treten auch in religiösen Rechtsordnungen mit der Naturrechtsbegründung verbundene Dissonanzen auf. Im Recht der katholischen Kirche stellen Akzeptanzproblem und rechtlicher Wirksamkeitsverlust die kirchliche Begründungstheorie vor große Fragen und Herausforderungen. Mit Blick auf die Zukunftsfähigkeit des Kirchenrechts fällt folglich der Fundamentalkanonistik als wissenschaftlicher Reflexion kirchenrechtlicher Begründungsstrukturen die Aufgabe zu, nach Geltungsquellen zu suchen, die die Glieder einer sich zunehmend pluralisierenden Kirche zu überzeugen vermögen. Auch in der kanonistischen Debatte gerät hierbei, wenn auch erst anfanghaft, der Kulturbegriff in den Blick, wenn nach der Relevanz der Ortskirchen und Ortskirchenrechtskulturen bei der kirchlichen Rechtsentstehung und -anwendung gefragt wird. Einer positiv-kirchlichen Verhältnisbestimmung zum Geltungsgrund der Kultur steht jedoch im Weg, dass sich das Phänomen der kulturellen Differenz in religiösen Rechtssystemen als existentiell herausfordernd erweist. Denn um der Glaubenseinheit willen zielt religiöse Rechtsbegründung darauf, im Kern der Rechtsordnung eine Rechtseinheit zu sichern, die den mit dem Glaubensgut verbundenen Wahrheitsanspruch schützt. In dieser Spannung aus Einheitsgebot und Pluralitätsbedarf, Absolutheitsanspruch und differenten Glaubenskulturen in den Ortskirchen will ich Begründungsstrategien nachzeichnen, die – indem sie Pluralität und Universalität konstruktiv verbinden – die Leistungsfähigkeit des geltungstheoretischen Kulturbezugs für die kirchliche Rechtstheorie überprüfen.

Publikationen (Auswahl)

  • Recht neu? Kirchenrecht und Kanonistik zwischen Tradition und Innovation, in: Damberg, Wilhelm/Sellmann, Matthias (Hg.), Die Theologie und „das Neue“. Perspektiven zum kreativen Zusammenhang von Innovation und Tradition, Freiburg im Breisgau: Herder 2015, S. 309-326.
  • Recht verstehen. Die Kirchenrechtssprache als Fachsprache: rechtslinguistische Probleme und theologische Herausforderung, in: Schüller, Thomas/Zumbült, Martin (Hg.), Iustitia est constans et perpetua voluntas ius suum cuique tribuendi. 20 Jahre Studiengang Lizentiat im Kanonischen Recht an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Festschrift für Klaus Lüdicke zum 70. Geburtstag (Beihefte zum Münsterischen Kommentar 70), Essen 2014, S. 163-198.
  • Lehramt und Glaubenssinn. Kirchenrechtliche Überlegungen zu einem spannungsreichen Verhältnis – aus aktuellem Anlass, in: Knapp, Markus/Söding, Thomas (Hg.), Glaube in Gemeinschaft. Autorität und Rezeption in der Kirche, Freiburg im Breisgau: Herder 2014, S. 182-212.
  • Kirchenrecht in den Medien (mit Thomas Schüller und Christian Wode), Konstanz: UVK 2013.
  • „Gesetz der Wahrheit“. Rechtstheoretische Überlegungen im Anschluss an aktuelle päpstliche Äußerungen zur Rechtsbegründung, in: Archiv für katholisches Kirchenrecht 181 (2012), S. 106-128.
  • Die Ansprache des Papstes im Deutschen Bundestag. Gedankenanstoß für Überlegungen zur Kirchenrechtsbegründung, in: Essen, Georg (Hg.), Verfassung ohne Grund? Die Rede des Papstes im Bundestag (Theologie kontrovers), Freiburg im Breisgau: Herder 2012, 91-105.
  • Mitbestimmung in kirchlichen Einrichtungen zwischen deutschem Verfassungs- und Europäischem Gemeinschaftsrecht (Beihefte zum Münsterischen Kommentar 56), Essen: Ludgerus 2009.