Thomas Schmidt-Lux (Leipzig): Räume eigenen Rechts: Moderner Anti-Konstitutionalismus in vergleichender Perspektive

Abstract

Verfassungen gehören zum Inventar moderner Gesellschaften, und auch Auseinandersetzungen über die Inhalte dieser Verfassungen sind dabei an der Tagesordnung. In jüngster Zeit gerieten allerdings verstärkt Gruppen in den Blick, die geltende Verfassungen ganz grundsätzlich in Frage stellen. In Deutschland haben diese Gruppen, die als sogenannte „Reichsbürger“ bekannt geworden sind, gerade im Verlauf des letzten Jahres vielfach für Aufsehen gesorgt. Zugleich handelt es sich dabei nicht um ein primär deutsches Phänomen: Auch in den USA sind ähnliche Akteure als „sovereign citizen movement“ bekannt.
Bei allen Unterschieden ist diesen Gruppen gemein, dass Recht unter Berufung auf Recht in Frage gestellt wird. Zumeist beziehen sich die dabei ins Feld geführten „Kritiken“ und „Argumente“ auf die Geltung von Verfassungen sowie von staatlichem Recht generell – und nicht zuletzt auch auf das vermeintlich „illegitime“
Gewaltmonopol des Staates. Dies verbindet sich damit, dass Räume eigenen Rechts geschaffen oder ihre Durchsetzung angestrebt wird. In seinem Vortrag wird PD Dr. Thomas Schmidt-Lux auf der Grundlage seiner empirischen Forschungsarbeit und aus einer rechts- sowie kultursoziologischen
Perspektive in die Thematik einführen und, mit einem Schwerpunkt auf der deutschen Szene, die Programmatik und Praxis anti-konstitutionalistischer Gruppierungen vergleichend analysieren.

Curriculum Vitae

Privatdozent Dr. Thomas Schmidt-Lux studierte Soziologie und Geschichte in Leipzig und Zürich. 2005 wurde er mit seiner Dissertation zum Thema „Wissenschaft als Religion. Szientismus im ostdeutschen Säkularisierungsprozess“, gefördert mit einem Stipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes, an der Universität Leipzig promoviert. Seit 2006 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Kultursoziologie am Institut für Kulturwissenschaften der Universität Leipzig. Seine Forschungsinteressen liegen vor allem in der Soziologie der Selbstjustiz und Gewalt sowie in der Religions-, Rechts- und Architektursoziologie. Dr. Schmidt-Lux war unter anderem als Visiting Researcher an der University of Birmingham und als DAAD-Visiting Fellow am „Centre canadien d’etudes allemandes et européennes” an der Université de Montréal tätig. Von April 2016 bis März 2017 war Dr. Thomas Schmidt-Lux Fellow am Käte Hamburger Kolleg "Recht als Kultur".