Nina Dethloff (Bonn): „Hybride Rechtsordnungen in Europa im Globalisierungsprozess”

Abstract

Ein Pluralismus von Rechtsquellen ebenso wie Normen nichtstaatlichen Ursprungs stellen im Bereich des Privatrechts keine neuen Phänomene dar. Neu ist allerdings seine Dimension. Sie ist global und hat zu einer kaum mehr überschaubaren Pluralität von Rechtsordnungen und Rechtsquellen auf den verschiedensten Ebenen geführt. Den vielfältigen Formen ihres Zusammenwirkens geht Nina Dethloff nach und zeigt verschiedene Prozesse der Hybridbildung auf. Einheitsrecht ist geprägt durch Elemente verschiedener nationaler und supranationaler Rechte und Regelwerke, beeinflusst aber seinerseits auch die Rechtsetzung auf verschiedenen Ebenen, so dass die zunehmende Kreation von Einheitsrecht zu einer Hybridisierung der Rechtsordnungen führt. Private Regelwerke können ihre Rechtsverbindlichkeit zwar nicht aus sich selbst schöpfen, ihnen wird aber in supranationalem Kontext auf vielfältige Weise staatliche Geltungskraft verliehen – schon heute über die Rechtswahl vor Schiedsgerichten, deren Schiedssprüche staatlich durchgesetzt werden, denkbar aber auch kraft kollisionsrechtlichen Befehls vor staatlichen Gerichten. Es verstärken sich zudem Prozesse der Transformation, durch die „akademisches“ zu staatlichem Recht wird und an der Hybridbildung bei der Rechtsetzung beteiligt ist.

Professor Dr. Nina Dethloff, Universität Bonn

 

Curriculum Vitae

Nina Dethloff ist Inhaberin des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Internationales Privatrecht, Rechtsvergleichung und Europäisches Privatrecht sowie Direktorin des Instituts für Deutsches, Europäisches und Internationales Familienrecht der Universität Bonn. Sie studierte Rechtswissenschaften in Hamburg, Genf und Freiburg. Gefördert von der Fulbright Commission erwarb sie an der Georgetown University in Washington, D.C. den Grad des Master of Laws. In den Jahren 1986 und 1987 war sie als Beraterin bei der Federal Trade Commission, Washington, D.C. tätig und seit 1987 ist sie als Attorney at Law in New York zugelassen. 1991 wurde Nina Dethloff an der Universität Freiburg promoviert, im Jahr 2000 habilitierte sie sich dort mit der Arbeit „Europäisierung des Wettbewerbsrechts". Seit 2001 forscht und lehrt Nina Dethloff an der Universität Bonn, Rufe an die Universitäten Hamburg und Lausanne lehnte sie ab. Von 2006 bis 2008 war sie Ad-hoc-Richterin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Nina Dethloff ist Mitglied der Ständigen Deputation des Deutschen Juristentages, des Vorstands der International Society of Family Law sowie Mitglied des American Law Institute, der Commission on European Family Law und der Academia Europaea. Sie hat umfassend im vergleichenden und internationalen Familienrecht publiziert.

Publikationen (Auswahl)

  • Familienrecht, München, 30. Auflage 2012.
  • Unterhalt, Zugewinn- und Versorgungsausgleich - Sind unsere familienrechtlichen Ausgleichssysteme noch zeitgemäß? Gutachten A für den 67. Deutschen Juristentag, München 2008.
  • Europäisierung des Wettbewerbsrechts. Einfluss des europäischen Rechts auf das Sach- und Kollisionsrecht des unlauteren Wettbewerbs, Tübingen 2001.
  • Die einverständliche Scheidung. Eine rechtsvergleichende und rechtshistorische Untersuchung zu Umfang und Grenzen der Privatautonomie im Scheidungsrecht, München 1994.
  • Contracting in Family Law - A European Perspective, in: Boele/Woelki/Miles/Scherpe (Hrsg.), The future of family property in Europe, Intersentia, Cambridge 2011, 65 - 94.
  • Familien- und Erbrecht zwischen nationaler Rechtskultur, Vergemeinschaftung und Internationalität - Perspektiven für die Forschung,Zeitschrift für Europäisches Privatrecht 2007, 992 - 1005.
  • Europäische Vereinheitlichung des Familienrechts,Archiv für civilistische Praxis 204 (2004), 544 - 568.